travel4fun - Schottland

Highlands und Lowlands, Bens und Glens - dieses Land hat viele Gesichter

Whisky, Kilt, Dudelsack und einsames Hochland – das sind zugkräftige Klischees, gut und schön, doch Schottland hat weiß Gott mehr zu bieten. Wem Schottland am Herzen liegt, dem fällt es nicht schwer, in dem nördlichen Teil Großbritanniens ein Land zu sehen, das zu den schönsten Zielen in Europa zählt. Dazu gehört auch, daß die Schotten ein besonders gastfreundliches Völkchen sind und man unverhofft in anregende Gespräche verstrickt wird, auf der Straße, im Pub, im Bed-and-Breakfast-Quartier, beim Tanken oder bei einer Besichtigung. Man sagt den Schotten Geiz nach, doch wenn’s darum geht, sich nach alter gälischer Tradition gastfrei zu zeigen, wird nicht geknausert, im Gegenteil. Sobald man nach der Ankunft in England Richtung Norden rollend die Grenze mit dem Schild »Scotland« passiert hat, stellt sich das Gefühl ein, jetzt müsse das Besondere kommen. Das beginnt schon im Grenzland, wenn man nicht an der Küste entlangfährt, sondern eine Straße wie die A68 im Landesinnern wählt. Die in scheinbar endlosen Wellen bis zum Horizont gestaffelten Höhenzüge der Cheviot Hills sind so einsam und still wie die kahlen, sanft geschwungenen Bens, die Berge des Hochlandes. Nur dickfellige Schafe, hier überwiegend die Rasse Cheviot mit ihrem markanten Römerprofil, bevölkern die Einsamkeit. Dies ist ein ideales Wanderer- und Reiterland – weithin ohne Moore und Felsgeröll.
Für die römischen Legionäre, die Anno 122 etwas weiter südlich auf der Mauerkrone des Hadrianswalls Wache schoben, war das Land der Pikten und Skoten alles andere als ein Traumziel. Sie konnten auch nicht wissen, daß hinter den Cheviot Hills ein Idyll beginnt, das wenig mit den gängigen Vorstellungen von schottischer Landschaft gemein hat. Es ist das Herz der Borders, des Grenzlandes. Hier liegen in grünen Hügeln und den Tälern von River Tweed und River Teviot die Städtchen Kelso, Dryburgh und Melrose mit den romantischen Ruinen großer Klöster. Als aufgeräumte und dekorative Kulisse heben sie sich gegen eine Vergangenheit ab, die nicht so idyllisch war, wie’s heute den Anschein hat. Die Borders waren als Grenzland ständigen Überfällen von seiten der Engländer ausgesetzt. Auch die Klostergründungen hatten nicht nur religiöse Gründe, vielmehr holten die schottischen Könige Augustiner und Zisterzienser ins Land, damit sie die Grenze auf ihre Weise befestigen sollten. Wie lieb den Schotten die stolzen Ruinen sind, beweist die Tatsache, daß sie unter dem Hochaltar von Melrose Abbey das Herz ihres größten Königs, Robert the Bruce, beisetzten und in den majestätischen Ruinen von Dryburgh Abbey Sir Walter Scott begruben, der im 19. Jahrhundert mit seinen historischen Romanen der Welt das Bild Schottlands vermittelte, das bis heute fasziniert.
Es ist sozusagen Pflicht, nach Melrose Abbey auch das nahegelegene Abbotsford zu besuchen. Abbotsford, Abtsfurt, nannte Scott das Schloß, das er sich am River Tweed bauen ließ und in dem er wie ein Fürst lebte, obwohl er persönlich ein bescheidener Mensch war. Hier entstanden die meisten seiner insgesamt 40 historischen Romane, in denen er fiktive Gestalten wahre Begebenheiten der an dramatischen Ereignissen reichen schottischen Geschichte erleben ließ.
Castle1Walter Scott wird von den Schotten verehrt, Robert Burns aber lieben sie. Die Gegend, in der Schottlands Nationalbarde zu Hause war, liegt weiter westlich, noch über Gretna Green hinaus, jenen Grenzort, in dem einst von zu Hause entlaufene Teenager ohne Zustimmung der Eltern heiraten konnten. Das Geburtshaus von Robert Burns, den seine Landsleute zärtlich »Rabbie« nennen, steht in Alloway bei Ayr an der Südwestküste. Walter Scott lebte im Schloß, Rabbie erblickte in einem fensterlosen Cottage das Licht der Welt und kam aus dem Schuldenmachen nie heraus, schon wegen der neun legitimen und sechs unehelichen Kinder nicht, für die er zu sorgen hatte. Doch wichtiger: Burns hat den Schotten mit seinen Dichtungen ihr nationales Selbstgefühl zurückgegeben.
Jedes schottische Kind lernt seine Verse, jeder Schotte kann ihn zitieren, auch heute noch. Es ist also selbstverständlich, daß man deshalb diese Gegend im Südwesten Schottlands »Burns’ Country« nennt, wie es ja auch »Scott’s Country« gibt. Beide Nationalhelden waren also keine Hochland-, sondern Tieflandschotten, was heißen soll, daß die Menschen dieser Region eigentlich mehr den Engländern ähneln als den keltischen Hochländern. Das betrifft auch Sitten, Bräuche und Sprache: Früher wurde im Hochland Gälisch, in den Lowlands dagegen broad Scotch, Englisch in verschiedenen Dialektformen, gesprochen.
Grün und idyllisch wie in den östlichen Borders ist der Süden aber nicht überall. Anders als in den Cheviot Hills trifft man in Galloway, in »Burns’ Country«, auf eine überraschend Beispiel rund um Loch Trool im Galloway dem Hochland ähnelnde Landschaft, zum Forest Park. Ein paar Jahre vor seinem großen Sieg bei Bannockburn, mit dem Schottland für einige Jahrhunderte seine Selbständigkeit errang, schlug Robert the Bruce beim Loch Trool ein englisches Heer in die Flucht – er ließ seine Mannen Felsbrocken auf den Feind rollen.
Edinburgh BridgeDer Norden der Lowlands ist deutlich gegen den größeren Rest des Landes abgegrenzt. Wer ins Hochland will, kommt um Edinburgh beziehungsweise Glasgow nicht herum. Mit Edinburgh hat Schottland eine Hauptstadt, die zu den schönsten der Welt gehört. Bei richtiger Beleuchtung, also am frühen Morgen, erscheint einem der kolossale Burgberg mitten in der Stadt wie eine nördliche Akropolis: Edinburgh wird auch »Athen des Nordens« genannt. Mag’s auch öfters windig, rauhkalt und feucht sein – Edinburgh wärmt Herz und Leib. Man braucht dazu nur die sogenannte Royal Mile hinunter zu gehen. Auf der »Königlichen Meile«, den Straßen zwischen Castle und Holyrood Palace, ist das Mittelalter Gegenwart. Die Häuser, Plätze und Gassen sind so historisch wie ein Roman von Sir Walter Scott. Abends, wenn die Laternen aufleuchten und Stimmengewirr aus den Pubs dringt, glaubt man sich in ein früheres Jahrhundert zurückversetzt. In Zeiten, als hier Hexenverbrennungen und Hinrichtungen stattfanden, als beim Marktkreuz Aufstände losbrachen, sich prunkvolle Königszüge und düstere Prozessionen zum Castle bewegten oder John Knox, der Reformator, in der St. Giles Cathedral eiferte. Der Platz vorm Castle ist im Sommer Schauplatz des Ohren- und Augenschmauses Military-Tattoo, einer Militärparade mit Musik. Im Schloß selbst ist das Zimmer zu besichtigen, in dem Maria Stuart mit einem Sohn niederkam, dem späteren James I. (dt. Jakob). Man munkelte bald, daß er gar nicht ihr Kind war, sondern daß der echte Jakob bald nach der Geburt starb und durch das Kind einer adeligen Amme ersetzt wurde. Ammenmärchen? Im Jahre 1830 brannte es in den Königsgemächern, in einer Mauer entdeckte man einen kleinen Eichensarg mit den Knochen eines Kindes und Kleiderresten. Diese Kostprobe aus dem Schatz der Überlieferungen soll hier genügen, um Ihnen Edinburgh ein wenig schmackhaft zu machen.
Im Falle Glasgows, Schottlands größter Stadt, hätte man vor einigen Jahren noch Schwierigkeiten gehabt, Gründe für einen Besuch zu finden. Die Industriemetropole am River Clyde erlebt aber heute eine Renaissance, die man nur als geglückt bezeichnen kann. Glasgow hat seinen Stolz wiedergewonnen und wurde dank seiner herausragenden Kunstschätze und kulturellen Aktivitäten zur Kulturhauptstadt Europas 1990 gekürt.
InverarayDas Hochland war dagegen schon immer attraktiv. So soll Schottland aussehen, und so sieht es ja auch zum größten Teil aus. Nördlich von Edinburgh, Glasgow und Stirling erheben sich die mächtigen, kahlen Berge (bens), funkeln je nach Lichtverhältnissen und Himmel die Seen (lochs) in den Bergmulden stahlblau, mattgrau oder schwarz wie Tinte. Wolken, Regen und Wind sind Teil der Landschaft, nirgendwo sind die Variationen größer. Deshalb wünscht man keinem, der nach Schottland fährt, nur schönes Wetter . Selbst ein barometrisches Tief hat hier, sagen wir an der Westküste, unvergleichliche Qualitäten. Es regnet nicht einfach, es schüttet wie aus Kübeln. Sturmwind orgelt zwischen Felsen, fetzt Wasserfahnen aus den Lochs und Buchten. Nebel wallt. Von einer Minute zur nächsten verliert der Wind seine ungestüme Kraft, die Wolken reißen auf, Sonnenstrahlen brechen hervor, der Nebel verweht wie ein Spuk, die Straße glänzt feuchtschwarz und dampft in der Sonne. Die Urnatur ist das Schönste an Schottland, aber man muß schon die Wanderschuhe schnüren, um sich ihr ganz auszuliefern. Bei der Autorundfahrt sollte man so oft wie möglich aussteigen, damit das Erlebnis Schottland nicht zum bloßen Sightseeing verflacht. Die Straßen wurden ausgebaut, das heißt auch, daß man hier jetzt schneller vorankommt, vor allem in den touristisch wichtigsten Regionen des zentralen Hochlandes. Hier sind in den letzten Jahren so viele neue Visitor Centres entstanden, daß sich alte Schottlandfahrer zeitweilig – vor allem im Touristenandrang der Hochsaison – in einem anderen Land wähnen könnten. Pilgern Sie also nicht wie die auf königliche Gestalten begierige Menge zum Feriensitz Balmoral Castle im schönen beziehungsweise »Royal« Deeside, sondern fliehen Sie an die Westküste, wo man sich in tausend Buchten verstecken kann und auf zehntausend Hektar Hochland wandernd keiner Menschenseele begegnet.
Iona1Wen Inseln locken, dem seien die Inneren und Äußeren Hebriden empfohlen. Skye, die größte Insel, ist inzwischen auch über eine Brücke zu erreichen. Für Bergsteiger sind die chaotisch aufragenden, mehr als tausend Meter hohen Basaltfelsen der Cuillins Traumziele. Die meisten Besucher bleiben auf sicherem Boden und fahren im Auto oder per Motorrad, wie wir, um die Insel. Zu Füßen der Cuillins breiten sich Moore aus; unberührte Natur, wie man sie vor allem im nördlichen Hochland findet. Die Küste ist von dramatischer Wildheit, von steilen Klippen geht der Blick zu den Nachbarinseln Rona und Raasay. Die Chiefs des Clans MacLeod sitzen seit 700 Jahren auf ihrem Spukschloß Dunvegan Castle im Nordwesten von Skye. Sie hüten eine »Feenfahne«, eine Fahne mit Zauberkraft, und ein Trinkhorn, das drei Liter faßt. Das Castle darf, wie viele andere, besichtigt werden. Die ehemaligen Lords of the Isles wie die Herren des Hochlandes brauchen den Zuschuß, falls ihr Heim überhaupt noch in Familienbesitz ist.
Auf dem Schlachtfeld Culloden Moor mit Visitor Centre bei Inverness lernt der Fremde, was dieser Name den Schotten bedeutet: eine wahre Katastrophe, der Untergang der Clans. Man schrieb das Jahr 1746, die Hochländer hatten sich dem Stuartprinzen Charles Edward (Bonnie Prince Charlie) angeschlossen, der in Glenfinnan an Land gestiegen war, um seinem Haus den Thron zurückzugewinnen. Als letzter König von Schottland war Jakob II. 1688 an seiner Rekatholisierungspolitik gescheitert und vertrieben worden. Auf der Fahrt zu den Schauplätzen des »Jacobite Rising«, des Aufstandes unter Prince Charlie, hat man Gelegenheit, das Erfahrene zu überdenken. Auch wenn sie keine Mitglieder der Scottish National Party sind, ist den Schotten ihre turbulente Geschichte gegenwärtig. Bei den zahllosen historischen Plätzen und den heutigen sozialen Bedingungen verwundert das nicht. Schließlich hat jede Familie, ob namhafter Clan oder nur Mitglied (sept ), ihr Clanmuster, die Tartans, unabhängig davon, daß die alten Stammesstrukturen längst zerbrochen sind.
rainbow2Bei der Fahrt durch das nördliche Hochland wird man daran erinnert, daß die so ursprünglich erscheinende Leere der Landschaft nicht naturgegeben ist. Hier wurde das Land vor 150 Jahren durch die Highland clearances von den Bewohnern »gesäubert« und statt dessen mit Schafen bevölkert, wovon sich die Grundherren Profit versprachen . Im Hochland leben heute insgesamt nur vier Prozent der 5,3 Millionen Schotten, rund 200 000 Menschen, wobei der Mangel an Arbeitsplätzen natürlich eine Rolle spielt. Die Arbeit des Highlands and Islands Development Board in Inverness begann Mitte der 60er Jahre und war nicht vergeblich. Heute ist die Abwanderung sowohl aus dem nördlichen Hochland wie von den Äußeren Hebriden weitgehend zum Stillstand gekommen. Die Äußeren Hebriden, Orkney- und Shetland-Inseln trotzen den Atlantikwogen, die gegen die Felsenküsten anrennen. Sie sind nicht von der Welt abgeschnitten, aber trotzdem Außenposten der Zivilisation, und das schon seit 6000 Jahren, wie die großartigen steinernen Zeugnisse früher Kulturen belegen: Steinkreise, Kammergräber, Steinzeitdörfer, piktische Wehr- und Wohntürme. Die Inseln sind erst runde 500 Jahre schottisch, seit 1468. Da mußte sie der Dänenkönig Christian I. zur Hochzeit seiner Tochter statt einer Mitgift dem Schottenkönig Jakob III. überlassen. Die Bewohner der Orkneys und Shetlands gaben ihre von den Wikingern stammenden Bräuche und Sprache nicht so schnell auf. Von den Unterhaltungen der Fischer im Hafen von Lerwick versteht der Fremde meist nur die Hälfte, weil ihr Englisch stark mit Wörtern des Norse, des Altnordischen, durchsetzt ist.
Eigensinn und Beharrungsvermögen sind typisch schottische Tugenden. Bei der Wahl eines eigenen Parlaments im Mai 1999 erhielt die Labour Party und nicht die nach Unabhänigkeit strebende Scottish National Party die meisten Sitze. Womöglich ist aber die so erlangte Autonomie eine wichtige Etappe auf dem Weg zur vollständigen Unabhängigkeit

 

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